Nach und nach setzt sich beim Lesen
dieses Buches von Evelyn
McDonnell ein vielschichtiges Bild von Joan Didions Leben und Schreiben
zusammen. Sie ist die inzwischen offiziell anerkannte Begründerin
des Literarischen Journalismus und war u.a. die Bahnbrecherin für
Journalistinnen außerhalb von Modemagazinen schlechthin und auch heute noch ein Vorbild für nachfolgende Generationen.
Die Autorin hat offensichtlich fast
alles von und über Didion gelesen und lässt sich von ihrer Bewunderung für
sie inspirieren. Wir folgen ihrer Recherche an Orte, an denen Didion
gelebt, geschrieben oder darüber geschrieben hat und die McDonnell ihrerseits ausführlich beschreibt. Zwischendurch zitiert sie aus Didions
Texten und stellt so die vielen Themen ihrer Arbeiten und
Lebensabschnitte vor.
Ich überlas die Anführungszeichen für
Passagen von Didion und fand mich stattdessen in Bildbeschreibungen
der Autorin von Didion-Orten wieder, die sie mit scharfen Blick auf
Spurensuche fand - eine gute Idee, dachte ich, aber war anfangs
desorientiert von wem ich gerade was lese.
Das Buch hat eine
spannende Struktur, nicht unbedingt chronologisch sondern thematisch
geordnet, bisschen wie ein puzzle, das die verschiedenen Aspekte aus
dem Leben und Schreiben ihrer Protagonistin sowie ihre eigenen Texte
in diesem Buch zusammenbringt. Schon auch sehr dicht.
Angst vor
Schlangen taucht immer wieder auf, kalifornische Landschaften, Villen, Hotels,
Männer, Gesundheit, Tochter, Verlage, Parties,
Stil, politische Linie, Schreibmaschiene, ihre Arbeitsweise u.v.m.
Die Autorin tritt in die Fussstapfen von Didion und räumt ihren
Texten dazu mehr Platz ein als Zitaten von Didion. Wir erfahren: beide sind publizierte Journalistinnen und Buch-Autorinnen, stammen aus Kalifornien, sind verheiratet , haben eine Tochter und beide arbeiten vorübergehend im New Yorker
Medienbetrieb - wie ich übrigens zeitgleich auch.
Evelyn McDonnell ist Autorin von mehreren klugen Büchern zum Thema Pop-Kultur und Professorin für Journalismus und Neue Medien am Bellarmine College of Liberal Arts in Los Angeles. Joan Didion und wie sie die Welt
sah ist ein sehr gelungener Einstieg in das
komplexe Joan Didion Universum. Es macht auch Lust, Didions eigene
Bücher zu lesen, viele liegen in deutscher Übersetzung vor.
(Ich
hingegen möchte keine Übersetzungen aus dem amerikanischen mehr
lesen, denn ich spüre, dass mir atmosphärisch was verlorengeht und
werde zukünftig wieder zu amerikanischen Originalen greifen.)